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Pflichtverteidigung

Die „Notwendige Verteidigung“, weithin als „Pflichtverteidigung“ bekannt, ist vielen Menschen ein Begriff, doch nur wenige außerhalb der juristischen Berufswelt wissen, was sie tatsächlich beinhaltet und wie sie funktioniert.

Weitläufig besteht der Irrglaube, dass Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen dann als Pflichtverteidiger oder Pflichtverteidigerinnen beigeordnet werden, wenn der oder die Beschuldigte sich einen Anwalt oder eine Anwältin finanziell nicht leisten kann. Dies ist jedoch nicht zutreffend. Die Pflichtverteidigung stellt nicht das strafrechtliche Pendant zur Prozesskostenhilfe (PKH) im Zivilrecht dar.

Richtig ist, dass im Falle einer Pflichtverteidigung der Staat zunächst die Kosten für die anwaltliche Vertretung übernimmt. Der Beschuldigte oder die Beschuldigte muss daher regelmäßig nicht, wie sonst bei Wahlverteidigungen üblich, in Vorkasse gehen.  Sollte der oder die Beschuldigte am Ende jedoch rechtskräftig verurteilt werden, holt sich der Staat das Geld in der Regel von dem oder der Verurteilten zurück.

Tatsächlich ist die Pflichtverteidigung viel mehr für solche Verfahren vorgesehen, in denen der Gesetzgeber eine anwaltliche Vertretung aufgrund der Bedeutung und/oder Komplexität der Sache für erforderlich hält und ausschließen möchte, dass sich der Beschuldigte oder die Beschuldigte ohne die notwendigen Kenntnisse selbst verteidigt. Die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigung sind in § 140 StPO gesetzlich geregelt.

Für Sie als Mandanten stellt die Pflichtverteidigung vordergründig erstmal insoweit eine vorteilhafte Konstellation dar, als dass sie vorab keine eigenen Kosten tragen müssen. Im Falle einer Verurteilung oder im Falle einer Einstellung ohne Erlass der Kosten und Auslagen wird der Staat sich das Geld jedoch bei Ihnen zurückzuholen. Diese Kosten hätten Sie auch im Falle einer Wahlverteidigung zu tragen, allerdings hätten Sie hier regelmäßig bereits zu Beginn des Verfahrens an Ihren Anwalt einen Vorschuss auf die Gebühren zahlen müssen. Dies bleibt Ihnen bei einer Pflichtverteidigung erspart.

Für den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin stellt die Pflichtverteidigung insoweit eine vorteilhafte Konstellation dar, als dass der eigene Gebührenanspruch finanziell gesichert ist, da der Staat stets zahlungsfähig ist.

Nachteilig ist für den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin die Pflichtverteidigung jedoch dahingehend, dass die Gebühren im Rahmen eine Pflichtverteidigung geringer ausfallen, als in einem Wahlmandat.

Hieraus entsteht für den Mandanten oder die Mandantin nun leider vereinzelt das Problem, dass manche Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen, die vom Gericht als Pflichtverteidiger oder Pflichtverteidigerinnen beigeordnet werden, aufgrund der geringeren Gebühren dem Verfahren weniger Zeit und Aufmerksamkeit schenken, als bei einem Wahlmandat.

Aus diesem Grund ist es stets ratsam sich selbst einen Strafverteidiger oder eine Strafverteidigerin auszuwählen. Dies ist nämlich auch im Rahmen der Pflichtverteidigung möglich. Gegebenenfalls können Mandant oder Mandantin und Pflichtverteidiger oder Pflichtverteidigerin auch individuell eine zusätzliche Vergütung zur Pflichtverteidigung vereinbaren. Bei größeren Verfahren ist dies nicht unüblich, hängt aber stets vom Einzelfall ab. Von Bedeutung sind hier vor allem der Umfang und die Bedeutung des Falls sowie die persönlichen und finanziellen Umständen des Mandanten oder der Mandantin.